Die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD haben mit dem Antrag „Künftiger sächsischer
Jugendstrafvollzug“ Ziele und Standards festgestellt, die Eckpunkte zukünftiger gesetzlicher
Regelungen sein sollen. Dabei müssen die Mindeststandards des Bundesverfassungsgerichtes
eingehalten werden.
Dazu sagten die CDU-Abgeordneten Marko Schiemann, Rechtspolitischer
Sprecher und Andrea Dombois:
„Wir fordern einen wirksamen und jugendspezifischen Jugendstrafvollzug in Sachsen. Der
Jugendstrafvollzug soll dazu führen, dass die jungen Gefangenen nach der Entlassung aus der Haft
ein straffreies Leben führen können. Deshalb ist es besonders wichtig, die jungen Gefangenen zu
fördern und zu erziehen. Die Jugendlichen und Heranwachsenden müssen Regeln einhalten und
lernen straffrei in der Gemeinschaft zu leben. Wir brauchen effektive Behandlungsmaßnahmen im
Jugendstrafvollzug. Denn nur durch erfolgreiche Resozialisierung bzw. Erziehung ist auch die
Allgemeinheit vor Straftaten nachhaltig geschützt.
Der Sächsische Landtag wird in Kürze gesetzliche Regelungen für den Jugendstrafvollzug
diskutieren. Auch das Bundesverfassungsgericht hat eine gesetzliche Regelung für den
Jugendstrafvollzug angemahnt und hierzu eine Frist bis Ende 2007 gesetzt. Im Zuge der
Föderalismusreform ist die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug auf die Länder
übergegangen. Dafür fordern wir heute im Sächsischen Landtag bereits bestimmte
Mindeststandards:
· Die jungen Menschen müssen die Möglichkeit haben, lesen und schreiben zu lernen, einen
Schulabschluss nachzuholen und einen Beruf zu erlernen. Mit diesen Maßnahmen müssen
sie auf die Eingliederung in den Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Deshalb legen wir die
Priorität auf schulische und berufliche Maßnahmen vor Zuweisung von Arbeit. Allen
jungen Gefangenen mit Defiziten im schulischen oder beruflichen Bereich müssen
entsprechende Maßnahmen angeboten werden können. Selbstverständlich ist dafür auch
das entsprechend pädagogisch qualifizierte Personal vorzuhalten.
· Wichtig ist, dass Einsamkeit, Langeweile und daraus folgende Desillusionierung vermieden
werden. Deshalb ist zu prüfen, ob eine bestimmte Beschäftigungsquote im Gesetz
vorgeschrieben werden sollte. Um die Beschäftigungssituation zu verbessern, könnten
Gefangene freiwillig auch zur gemeinnützigen Arbeit zugelassen werden.
· Genau so wichtig ist die Möglichkeit von sozialtherapeutischen Maßnahmen. Dies gilt
insbesondere für Gewalt- und Sexualstraftäter. Diese müssen mit geeigneten Maßnahmen
behandelt werden.
· Für den Erfolg der Maßnahmen brauchen wir zukünftig eine qualifizierte Forschung über
die Wirkungen. Wir brauchen die Einbeziehung kriminologischer Erkenntnisse. Dies wird
eine Maßnahme sein, die den Jugendstrafvollzug qualitativ nach vorne bringt. Wir müssen
im Gesetz die Grundlage dafür legen. Die im Antrag vorgeschlagene zweijährige
Berichtspflicht über die Lage des Sächsischen Jugendstrafvollzuges soll dem Sächsischen
Landtag insbesondere die Möglichkeit geben, aus diesen Erfahrungen die notwendigen
Schlussfolgerungen für die Weiterentwicklung der gesetzlichen Regelungen zu treffen.
· Die Unterbringung im Vollzug muss entsprechend der persönlichen Eignung und im Sinne
des Erziehungsauftrages sein. Für uns gilt der Grundsatz der Einzelunterbringung bei
Nacht. Die Jugendlichen und Heranwachsenden sollen dabei in kleineren Wohngruppen,
deren Größe sich nach dem Erziehungsauftrag bemisst, untergebracht werden. Auch die
Abteilungen sind nach Förderschwerpunkten differenziert und in angemessener Größe zu
bilden.
· Wichtig für die Entlassungsvorbereitung ist die Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe, dem
Sozialen Dienst der Justiz und den Freien Trägern der Straffälligen- und Jugendhilfe bereits
während des Vollzugs. Dabei lohnt sich die Zusammenarbeit mit freien Trägern offener
Einrichtungen, den so genannten Übergangseinrichtungen. Maßnahmen der
Schuldenregulierung sind im Hinblick auf die spätere Entlassung und die Eingliederung in
die Gesellschaft genau so wichtig, wie die Mitwirkung der Angehörigen beim Vollzug. Die
Möglichkeit und Aufrechterhaltung familiärer Kontakte ist für das spätere Leben sehr
wichtig. Des Weiteren ist zur Sicherung eines nahtlosen Übergangs in die Freiheit eine
Nachsorge durch die Bewährungshilfe, die bereits während des Vollzuges bestellt wird,
vorzusehen. Bewährungshilfe muss auch bei vollständiger Vollstreckung der Jugendstrafe
angewendet werden, um die Risiken eines Rückfalls kurz nach der Entlassung zu mindern.
In Sachsen gab es in der Vergangenheit schon erhebliche Anstrengungen, Resozialisierung und
Erziehung erfolgreich zu erreichen. Es gibt die Gelegenheit, Schulabschlüsse zu erzielen und
Ausbildung zu absolvieren, sozialtherapeutische Angebote und angemessene Unterbringung in
Zeithain und Zwickau. Die neue Jugendstrafanstalt Regis-Breitingen wird kleine Wohngruppe in
angemessenen Abteilungen ermöglichen. Mit der Inbetriebnahme Anfang 2008 werden sich die
Unterbringungsformen weiter verbessern.“
Schiemann betonte: „Haftanstalten sind kein Reparaturbetrieb für die Gesellschaft. Es müssen alle
Maßnahmen ergriffen werden, um von vornherein kriminelle Karrieren zu vermeiden.“